China meets Germany – Ein Erfahrungsbericht zum Schüleraustausch

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Nachdem ich mich vor 9 Monaten zur Teilnahme am China-Austausch angemeldet hatte, war es am Sonntag, den 07.07.2019  soweit. Mein Austauschschüler Dengjingxuan (16) war auf dem Weg nach Deutschland.

Ausgerüstet mit einem Willkommensschild machten meine Eltern und ich uns auf den Weg zum Abholpunkt am Gymnasium Eickel.

Leicht verspätet bog der gelbe Reisebus von Graf um die Ecke und öffnete seine Türen. Die Gruppe von 45 chinesischen Schülern der Yushan No. 1 Middle School, gekleidet in ihren Schuluniformen (schicke blau-weiße Trainingsanzüge), mit ihren begleitenden Lehrern war endlich da.

Die Gastgeber des Gauß-Gymnasiums GE, des Eickeler Gymnasiums und des Wanner Gymnasiums nahmen ihre Gäste herzlich in Empfang. Das Abenteuer konnte beginnen.

Wir fuhren mit unserem Gast Roger (jeder Chinese hatte sich einen englischen Spitznamen vorher zur Kommunikationserleichterung ausgewählt) als erstes nach Hause. Roger bezog zunächst mein Zimmer, welches ich für den Besuch freigeräumt hatte. Er war sehr aufgeregt und wollte sofort seine Umgebung kennenlernen. Also ging es für 3 Stunden auf eine erste Entdeckungstour nach Wanne-Eickel und Bochum. 

Wir hatten an einem Infoabend gehört, dass das deutsche Essen nicht den Geschmack jedes Chinesen treffen würde. Doch wir sollten eines besseren belehrt werden. Roger wollte ausschließlich „local food“ probieren. Er wäre in Deutschland und wollte dementsprechend auch so essen. Daher besuchten wir an diesem ersten Abend mit ihm die Bavaria Alm, welche sichtlich Eindruck auf ihn machte. Nach Hähnchen, Pommes und Salat ging es wieder nach Hause. 
Vor der Nachtruhe unterhielten wir uns alle noch lange auf Englisch. Wir hatten schon vor dem Austausch per E-Mail kommuniziert und vertieften nun unser Kennenlernen.

Die folgenden Tage waren durch ein buntgemischtes Programm an Vor- und Nachmittagen gefüllt. So standen in der Großgruppe der Empfang beim Oberbürgermeister der Stadt Herne, der Besuch des ZOOM in Gelsenkirchen, ein internationales Freundschaftsfußballturnier, ein deutsch-chinesisches Gemeinschaftsfrühstück, der Besuch des Weltkulturerbes Zeche Zollverein in Essen und des Centro Oberhausen an.

Unsere chinesischen Gäste hatten auch einmal Gelegenheit, an ausgewählten Unterrichtsstunden am Wanner Gymnasium teilzunehmen. Dies war sicher ein Erlebnis für die Besucher, da dort der Unterricht deutlich anders organisiert ist.
So sind die Klassen 50-60 Schüler groß, der Schultag läuft bis in die Abendstunden (teilweise bis 22 Uhr!). Danach stehen noch Heimweg und Hausaufgaben an, so dass Roger mit 4-5 Stunden Schlaf täglich auskommen muss. Die Schüler in China nutzen aber auch schon einmal den Stundenwechsel – oder in Ausnahmefällen den Unterricht – für einen Kurzschlaf.

Die Abende in der Austauschwoche waren reich an schönen Momenten. 
So haben wir Fahrradtouren zu verschiedenen Zielen (Jahrhunderthalle Bochum, Hafen Bismarck, Himmelstreppe) unternommen.
Roger war sowohl von den leichten Crossbikes als auch von den gut ausge-
bauten Radwegen (z. B. Erzbahnstrasse) begeistert.
Er selbst muss nämlich seinen Schulweg im dichten chinesischen Straßenverkehr in Yushan mit einem schweren Fahrrad zurücklegen.

Da auch der Rest meiner Familie meinen Gast kennenlernen wollte, hatten 
wir an einem Abend eine kleine Gartenparty veranstaltet.
Auch der Besuch der Musikshow mit weltbekannten Hits von QUEEN im Planetarium Bochum machte sichtlich Eindruck auf Roger. 

Chinesische Jungs mögen offensichtlich aber auch viele Dinge, die auch  deutsche Jugendliche mögen. So waren das Zocken an der Konsole oder das Lasertagspielen in Herne echte Highlights für ihn. 
Auch hätte Roger sich gerne einen E-Scooter (den er ausgiebig ausgetestet hatte) mit nach China genommen. Bei einer Ausleihe war besonders lustig, dass Roger nach seiner Fahrt einen solchen E-Scooter einem offensichtlich erstaunten Passanten in die Hand drücken wollte. Dabei war noch die Kreditkarte meines Vaters eingeloggt! Aber, es ist alles gut gegangen.

Wie im Flug stand am Samstag, den 13.07.2019, die Abschlussveranstaltung in der Aula des Gauß-Gymnasiums an. Nach dem offiziellen Teil mit Reden der chinesischen Schuldirektorin und der scheidenden Rektorin des Eickeler Gymnasiums, Frau van Merwyk, wurde der restliche Teil der Veranstaltung durch Beiträge der chinesischen und deutschen Schüler gestaltet.
Künstlerisch hervorzuheben waren hierbei insbesondere die gekonnten Darbietungen der zwei grazilen chinesischen Tänzerinnen und einer talentierten chinesischen Pianospielerin.
Abgerundet wurde das Programm durch einen Musikbeitrag, das Vortragen 
von chinesischen bzw. deutschen Zungenbrechern und einen Gedichtsvortrag.
Besonders schön war, dass deutsche und chinesische Schüler oft gemeinsam auftraten.

Vor dem anschließenden Abendessen erreichte Roger noch eine umfangreiche Einkaufsliste seiner Mutter mit diversen deutschen Drogerieprodukten per WeChat (das chinesische WhatsApp). Schnell wurde der Einkauf bei dm erledigt. Lustig war, dass wir dort die gesamte chinesische Lehrerdelegation angetroffen haben. Diese hatte wohl die gleiche Idee!

Das Abschlussabendessen fand im großen Rahmen im China-Restaurant „Dschingis Khan“ in Wanne-Eickel statt. Roger freute sich sehr über die chinesischen Speisen, noch mehr aber wohl über die Stäbchen, mit denen er endlich nach einer Woche wieder flink und geschickt essen konnte.
Das Essen mit Messer und Gabel fiel ihm nämlich nicht so leicht, aber er kämpfte sich hierbei tapfer durch.

Wieder zu Hause wurde unsere Familie reich mit chinesischen Kostbarkeiten beschenkt. Wir waren sehr ergriffen.

Sonntag war der Tag des Abschieds gekommen.
Am Bus waren zum Teil sehr emotionale Abschiedsszenen zu beobachten.
Manche Gastgeber trugen die chinesischen Schuluniformen, welche sie als Geschenke erhalten hatten.
Nachdem alle Koffer der Chinesen verladen waren, setzte sich der Reisebus  mit fast einstündiger Verspätung Richtung Köln in Bewegung.
Luxemburg, Brüssel, Paris, Heidelberg und Amsterdam sollten die weiteren  Anlaufstellen der Chinesen für die kommende Woche sein. 

Neben mir nehmen 3 weitere Schülerinnen des Wanner Gymnasiums am diesjährigen China-Austausch teil, welchen Frau Lau als Lehrkraft begleitet.

Anfang Oktober 2019 steht der zweite Teil des Austausches mit dem Gegenbesuch in China an. 

Zunächst werden wir auf einer einwöchigen Rundreise unter anderem die Städte Shanghai und Peking besuchen. In der Folgewoche steht der Aufenthalt  bei der Familie Deng  an. Auf das Wiedersehen mit Roger freue ich mich sehr.

Ich bin gespannt, was uns für weitere Überraschungen in China erwarten!

Fortsetzung folgt….

Heiko Hermes, Klasse 9b